In letzter Zeit hat sich das Phänomen der so genannten „Mystery Box" auch in Italien immer mehr verbreitet. Die Beliebtheit dieses Trends nahm insbesondere infolge von Live-Veranstaltungen in verschiedenen europäischen Städten, darunter auch in Rom, zu. Das Europäische Verbraucherzentrum in Italien und die Verbraucherzentrale Südtirol haben beschlossen, das Phänomen durch einen Test genauer unter die Lupe zu nehmen. Die damit verbundenen Risiken sind in der Tat nicht gering.
Eine „Mystery Box" ist eine Schachtel, die ohne Angaben zum Inhalt verkauft wird. Der Kauf erfolgt in der Hoffnung, Gegenstände vorzufinden, die einen höheren Wert haben als der bezahlte Preis. Der Überraschungseffekt steht im Mittelpunkt dieser Erfahrung, die sich auch auf den sozialen Plattformen viral verbreitet hat.
Unternehmen, die diese Art von Verkauf anbieten, behaupten, dass sie die verloren gegangenen oder nicht abgeholten Pakete großer Online-Verkaufsplattformen aufkaufen. Der Ankauf erfolgt nach Gewicht, um sie dann kiloweise weiterzuverkaufen. Die Unternehmen behaupten, dabei einen Beitrag im Sinne eines nachhaltigen Wirtschaftskreislaufes zu leisten, indem sie Waren wieder auf den Markt bringen, die sonst entsorgt oder zerstört werden müssten. Die Formel klingt natürlich verlockend: Man hofft, in dem gekauften Paket Waren zu finden, die viel mehr wert sind als das, was man bezahlt hat. Verbraucher:innen sollten den Versprechungen jedoch mit Vorsicht begegnen und den Green-Claim-Anspruch hinterfragen.
Probleme beim Verkauf von „Mystery Boxes"
An wunden Punkten mangelt es nicht. Bei näherer Betrachtung fallen nämlich gleich mehrere problematische Aspekte auf: Erstens schließen die Unternehmen, die diese Art von Blindverkäufen anbieten, in ihren Vertragsbedingungen das gesetzlich garantierte Rücktrittsrecht aus, zumindest sobald der Inhalt der Packung geöffnet wurde. Unzweifelhaft verstößt der Ausschluss des Rücktrittsrechts bei Verbraucherkäufen gegen europäisches und italienisches Recht und verwandelt den Kaufvertrag in eine echte Lotterie oder ein Glücksspiel. Darüber hinaus umfassen die vorgesehenen Haftungsausschlüsse auch die gesetzliche Gewährleistung für Mängel und die Haftung für gefährliche Produkte. Dabei handelt es sich ebenfalls um unzulässige Klauseln, da die verkaufende Partei, die eine Ware in Umlauf bringt, nach dem Gesetz sowohl für die Mangelhaftigkeit der Produkte als auch für deren Sicherheitsrisiken haftet.
„Klauseln dieser Art sind als missbräuchlich zu betrachten", erklärt Gunde Bauhofer, Geschäftsführerin der VZS, und fährt fort: "Wir haben daher beschlossen, die Angelegenheit bei der zuständigen Wettbewerbs- und Marktaufsichtsbehörde (AGCM) anzuzeigen.
Der Test des EVZ Italien und der VZS
Das Europäische Verbraucherzentrum Italien und die Verbraucherzentrale Südtirol haben beschlossen, der Sache auf den Grund zu gehen und eine 'Mystery Box zu kaufen, um deren Inhalt zu überprüfen. Die Wahl fiel auf ein 3 kg schweres Paket, das angeblich aus Päckchen von Amazon-Rücksendungen bestand (wofür ein Aufpreis gezahlt wurde) und zu einem Preis von 74,90 Euro plus 11,90 Euro Lieferspesen gekauft wurde (bei 15 kg liegt der Preis bereits bei 250 Euro). Das Endergebnis war eine bittere Enttäuschung! Das bestellte Paket enthielt drei Schwimmmasken, eine Powerbank für Mobiltelefone und zwei Päckchen mit Möbelgriffen. Dies alles zu einem Preis, der weit über dem tatsächlichen Warenwert lag. Außerdem waren die Produkte größtenteils unbrauchbar oder sogar potenziell gefährlich, da fast keines von ihnen die erforderliche CE-Kennzeichnung aufwies. Wer neugierig ist, kann sich das Öffnen des Testpaketes unter
diesem Link ansehen. Die Website, bei der die Verbraucherzentrale eingekauft hat, betonte klar und deutlich, dass die Pakete in genau dem Zustand verkauft werden, in dem sie sie erhalten haben, und dass niemand den Inhalt kennt. Die Produkte, die die Verbraucherzentrale erhalten hat, wurden jedoch ausgepackt und neu verpackt, so dass es unmöglich ist, dass die Vorbereitung des Pakets für den Versand ohne Kenntnis des Inhalts vonstatten ging.
Und zum Schluss die Frage: Lohnt es sich? - Spoiler: Nein!
Die Antwort ist für die Verbraucherzentrale klar und eindeutig negativ: Die Teilnahme an dieser Art von Kaufangeboten lohnt sich nicht. Mit der Einschränkung der Verbraucherrechte geht nämlich die wahrscheinliche Enttäuschung nach dem Öffnen der „Mystery Box" einher. Dazu trägt der undurchsichtige und intransparente Prozess, mit welchem die Produkte ausgewählt werden, bei. Selbst die Hoffnung, an einer ökologisch nachhaltigen Aktion teilzunehmen, wird sofort zerstört. Anstatt die Produkte wieder in Umlauf zu bringen, scheint es, als wälze man einfach nur die Verantwortung für die Entsorgung solcher Waren auf die Verbraucher ab. Ein verlockendes Angebot, von dem aber besser die Finger lässt, wer nicht ein sprichwörtliches Päckchen zu tragen haben möchte.
Sollte es bei Konsumenten zu Problemen beim Einkauf kommen, steht das Europäische Verbraucherzentrum Italien zur Verfügung, um ihre Rechte zu schützen. Das Verbraucherzentrum bietet kostenlose Unterstützung bei der Beilegung von Streitigkeiten mit Unternehmen mit Sitz in der EU, Island, Norwegen und dem Vereinigten Königreich. Tel. 0471 980939 oder per E-Mail unter info@euroconsumatori.org.
Bei Schwierigkeiten mit Online-Käufen gibt es auch die Möglichkeit, ein Schlichtungsverfahren über das von der Verbraucherzentrale (VZS) eingerichtete Schlichtungsorgan Onlineschlichter.it einzuleiten. Nähere Infos auf dem Portal www.onlineschlichter.it.
(Foto: pixabay)