Eine neue Installation im Stiftsmuseum im Kloster Neustift erinnert an zwei Akte gewaltlosen Widerstands gegen das Naziregime, die sich während der deutschen Besetzung Südtirols von 1943 bis 1945 im Raum Brixen ereignet haben. Die Installation entstand im Rahmen eines Schulprojekts, bei dem Schulen aller drei Sprachgruppen unter der Leitung von Cristiana Cattoi vom ITE e Liceo IIS Bressanone zusammenwirkten.
Prälat Eduard Fischnaller sagte bei der Vorstellung: „Wir waren hier in Neustift gerne bereit, einen bisher ungenutzten Raum des Stiftsmuseums für die Installation zur Verfügung zu stellen. Gerade in einer Zeit, in der autoritäre, antidemokratische Tendenzen weltweit auf dem Vormarsch sind, erscheint es uns wichtig, immer wieder auch an die Schreckensherrschaft der Nationalsozialisten zu erinnern.“
Projektinitiatorin Cristiana Cattoi betonte, dass mit der Installation die Menschen gewürdigt werden sollen, die gewaltlosen Widerstand gegen das NS-Regime geleistet haben. „Zivilcourage entsteht aus dem Bewusstsein, dass es etwas gibt, das größer ist als die Angst. Wir alle brauchen die Ermutigung, auf der richtigen Seite zu stehen.“ Der Historiker Hans Heiss skizzierte den historischen Kontext, in dem sich die beiden Episoden ereignet haben. „Südtirol war durch die Zeit des Faschismus geprägt und aufgrund der Option tief gespalten. Dieser Riss ging auch durch die Diözese Brixen. Und obwohl sich Südtirol im Allgemeinen nicht besonders durch Akte der Zivilcourage ausgezeichnet hat, gab es in Brixen in den Jahren der deutschen Besatzung von 1943 bis 1945 zwei erwähnenswerte Episoden“.
Die „arische Krippe“ des Ferdinand Plattner
Der Priester und Krippenbauer Ferdinand Plattner brachte zu Weihnachten 1943 vor hochrangigen Nazis seine Ablehnung des Nationalsozialismus zum Ausdruck. Er bezeichnete eine Krippe als „arisch“, aus der er alle Figuren entfernte, weil sie jüdischer Abstammung waren. Nur Ochs und Esel beließ er in der Krippe, die ein ebenfalls antinazistisch gesinnter Anwesender als Karikatur von Hitler und Mussolini interpretierte. Plattner wurde wegen Majestätsbeleidigung angeklagt und zum Tode verurteilt, die Strafe wurde dann jedoch in eine Gefängnisstrafe umgewandelt.
Die Eidesverweigerung des SS-Polizeiregiments „Brixen“
Die Installation erinnert auch an die über 1.300 Männer des in die SS integrierten Polizeiregiments „Brixen“, die im Februar 1945 den Fahneneid auf Hitler verweigerten. Sie wurden zur Strafe an die Ostfront nach Oberschlesien geschickt, wo die Russen siegreich vorrückten. Nur wenige kehrten lebend zurück.
Die Situation im Kloster Neustift
Museumskurator Hanns-Paul Ties stellte dar, wie auch Neustift in dieser Zeit besetzt und bombardiert wurde. „Nach dem Einmarsch der Wehrmacht in Südtirol im September 1943 wurden große Teile des Klosters für die Einquartierung von Truppen in Beschlag genommen. Die Stiftsschule, die während des Faschismus wie nur wenige andere kirchliche Schulen in Südtirol die deutsche Unterrichtssprache beibehalten konnte, wurde von Nazi-Sympathisanten aus Brixen geschlossen.“ 1944 wurde der Prälaturtrakt von der deutschen Militärbehörde als Reifenlager zweckentfremdet. Das Schülerheim und der Weinkeller hingegen wurden der Redaktion und Druckerei der Zeitungen „Bozner Tagblatt“ und „Front und Heimat“ zugeteilt. Nach ständigem Fliegeralarm ab Herbst 1944 kam es im März 1945 zu einem alliierten Bombenangriff auf die Stiftskirche, bei dem die barocke Sakristei völlig zerstört und die Marienkapelle und der Glockenturm schwer beschädigt wurden. Mit dem Zusammenbruch des NS-Regimes Anfang Mai 1945 endete auch die Besetzung des Klosters.
Bei der Vorstellung waren auch der Bischofssekretär und Präsident des Vereins der Südtiroler Krippenfreunde Michael Horrer, der Bürgermeister von Vahrn Andreas Schatzer und Senator Luigi Spagnolli anwesend.
Die Installation ist ab sofort Teil der Dauerausstellung im Stiftsmuseum Neustift.
Foto © Kloster Neustift