Staus nicht nur auf Straßen, sondern auch auf beliebten Routen, dazu teure Parkplätze, überfüllte Hütten und eine Klientel, die besser im Tal aufgehoben wäre: Bei den Jahreshauptversammlungen von Bergführern und Wanderleitern hat sich deren Präsident Thomas Zelger besorgt über den ausufernden Tourismus gezeigt und zugleich vor den Risiken gewarnt, die mit dem Klimawandel einhergehen.
Bei den Jahresversammlungen am Sitz von Ausrüstungspartner Salewa in Bozen gab es zunächst Lob von Alpin- und Tourismuslandesrat Luis Walcher: „Bergführer und Wanderleiter sind Botschafter Südtirols, sie sind die Profis am Berg und vermitteln Einheimischen und Gästen ganz besondere Erlebnisse“, so Walcher.
Diese Erlebnisse seien allerdings in Gefahr, erklärte Präsident Zelger, und verwies dabei auf die Übererschließung der Berge und das Phänomen des Overtourism. „Die Entwicklung der letzten Jahre scheint aus dem Ruder gelaufen zu sein“, so Zelger, der als Beispiele kilometerlange Staus, teure Parkplätze, überfüllte Pässe und nicht zuletzt Hütten nannte, die man schon ein Jahr im Voraus buchen müsse oder unter zwei Übernachtungen gar nicht mehr buchen könne. „Wenn wir so weitermachen, werden sich klassische Naturliebhaber mittelfristig nach anderen Destinationen umsehen“, so der Präsident der Bergführer und Wanderleiter.
Große Sorgen machen sich die Profis am Berg auch über immer neue Erschließungspläne in den Dolomiten und nicht nur dort. „Es ist verwunderlich, was man unter Nachhaltigkeit alles verstehen kann“, erklärte Zelger. Der Luxus wandere immer höher, wodurch eine Klientel angelockt werde, die im Tal besser aufgehoben wäre. „Das belegen auch steigende Zahlen bei den Einsätzen der Bergrettung“, so der Präsident, der ein einfaches Fazit zog: „Im Alpinismus musste man irgendwann einsehen, dass man sich selbst Regeln auferlegen muss, um sich die Zukunft nicht zu verbauen“, so Zelger. „Dasselbe gilt wohl auch für die weitere touristische Entwicklung in Südtirol.“
Mit den Folgen des Klimawandels verwies der Präsident der Bergführer und Wanderleiter auf eine weitere große Herausforderung. „Wir haben in den letzten Jahren einen massiven Wandel erlebt, die Risiken in unserem Beruf steigen mit zunehmenden Bergstürzen und Steinschlägen, mit dem Rückgang der Gletscher und der Schmelze der Permafrostböden“, so Zelger. Auch gebe es immer mehr Winter, in denen Schnee spät oder gar nicht falle. „Wer all das leugnet, sitzt entweder das ganze Jahr im Büro, versperrt sich der Realität, ist ein Lobbyist oder schlichtweg naiv“, so Thomas Zelgers Fazit.