Die Mobilität von Armen und Ausgegrenzten zwischen der Frühen Neuzeit und dem 19. Jahrhundert steht im Mittelpunkt eines internationalen Workshops, den das Zentrum für Regionalgeschichte mit der Universität Trient und der Stiftung Bruno Kessler – Italienisch-Deutsches Historisches Institut Trient am Freitag (15. November) in der Cusanus-Akademie in Brixen veranstaltet.
In den vergangenen Jahren erlebten Studien über die Mobilität von Menschen und deren Kontrolle eine neue Blüte: Historiker und Historikerinnen untersuchten aus neuen Perspektiven und mit unterschiedlicher Sensibilität Themen wie Kurz- und Fernmigration von Arbeitskräften, politisches Exil und Zwangsumsiedlungen, Kommunikationswege und Unterkunftsinfrastruktur, Reisedokumente und Mittel zur persönlichen Identifizierung.
Innerhalb dieses breiten Forschungsfeldes organisiert das Zentrum für Regionalgeschichte in Brixen in Zusammenarbeit mit der Universität Trient und der Stiftung Bruno Kessler – Deutsch-Italienisches Historisches Institut Trient am 15. November in der Cusanus Akademie in Brixen einen internationalen Workshop mit dem Titel „Mobility and Poverty in Europe between the Early Modern Period and the 19th Century. Networks, Infrastructures, Control“.
Er befasst sich mit spezifischen Aspekten der Mobilität in verschiedenen europäischen Regionen zwischen der Neuzeit und dem 19. Jahrhundert. Der Schwerpunkt liegt dabei auf armen und marginalisierten Menschen, wie Vagabunden, Wanderarbeitern und Migrantinnen und Migranten. „Die Mobilität von armen und marginalisierten Menschen“, erklärt Francesca Brunet vom Zentrum für Regionalgeschichte, die den Workshop gemeinsam mit Rosa Salzberg der Universität Trient organisiert, “war stets Gegenstand von Kontrolle, Eindämmungsversuchen und Repression. Gleichzeitig konnte sie aber auch durch Infrastrukturen, Institutionen oder informelle Unterstützungsnetze begünstigt werden“.
Sieben internationale Fachleute erörtern anhand einiger Fallstudien, wie die mobile Armut durch Gesetze und Institutionen kontrolliert, aber auch durch Beherbergungseinrichtungen oder Wohlfahrts-, „Proto-Wohlfahrts-“ oder gegenseitige Hilfssysteme erleichtert und ermöglicht wurde. Unter der Moderation von Sandra Toffolo und Margareth Lanzinger geht es um die Bedingungen und Wege von Wanderern, Armen und Kranken auf der italienischen Halbinsel in der frühen Neuzeit (John Henderson und Rosa Salzberg), die Funktion von Arbeitshäusern und Besserungsanstalten in England und Europa zwischen dem 17. und 18. Jahrhundert (David Hitchcock) und die Wege und Kontrollsysteme von Bettlern in der Region Brabant (Belgien) im 18. Jahrhundert (Anne Winter). Den geografischen Rahmen noch weiter ausdehnen wird Vilhelm Vilhelmsson mit einem Beitrag über die Überlebensstrategien von Landstreichern und ihr Verhältnis zu den Bauern im heutigen Island, während sich Jasper Segerink mit einem mikrohistorischen Ansatz auf die Geschichte eines Unterkunftshauses für deutsche Migranten in Antwerpen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts konzentriert. Auch Francesca Brunet befasst sich mit dieser Zeit und präsentiert einen Bericht über die Mobilität von „unerwünschten“ Personen in Tirol und darüber hinaus.
Der Workshop ist kostenlos und steht allen interessierten Personen offen. Die Vorträge werden in englischer Sprache gehalten.
Infos: Zentrum für Regionalgeschichte, Stadelgasse 8b, 39042 Brixen, office@regionalgeschichte.it, www.regionalgeschichte.it