Kultur
Initiative Denkmalschutz: „Totalbankrott des Denkmalschutzes in Gries am Brenner“
15.05.2024
Am Samstag (11. Mai) hat sich der Brand beim denkmalgeschützten Gasthaus „Weißes Rössl“ in der Gemeinde Gries am Brenner gejährt – und noch immer steht das Dach offen. Somit konnten ganze zwölf Monate lang ungehindert Regen, Schnee und Frost dieses Kulturerbe schädigen, wie die Initiative Denkmalschutz in einer Aussendung bemängelt. Sie spricht von einem „kompletten Behördenversagen in Tirol, dem auch das neue Denkmalschutzgesetz ab dem 1. September nichts entgegensetzen wird.
„Unfassbar: Intensivpatient wird Intensivstation verwehrt!“, schreibt die Initiative Denkmalschutz in einer Ausseung. Die Behörden hätten es bis heute nicht geschafft, eine dringend nötige Schutzabdeckung für das schwer beschädigte und offene Dach umzusetzen. „Was aber bringt ein Denkmalschutzgesetz, wenn Behörden komplett versagen? Es braucht dringend Nachschärfungen im neuen Denkmalschutzgesetz. Die Parlamentarische Bürgerinitiative ‚Wirkungsvoller Schutz gefährdeter Kulturgüter‘ des Vereins ist aktuell im Petitionsausschuss in Bearbeitung.“
Gemäß § 31 Denkmalschutzgesetz hätte die Bezirksverwaltungsbehörde (BVB) bereits bei „Gefahr im Verzug“ – also wohl schon unmittelbar nach dem Brand – von sich aus handeln müssen, doch man wartete auf das Bundesdenkmalamt, das erst am 4. Oktober 2023 den formalen Antrag auf Sicherungsmaßnahmen an die BH Innsbruck (zuständige BVB) gestellt hat. Und auch diese komme kaum in die Gänge, um ein akut gefährdetes Kulturdenkmal zu retten.
Nachdem in den Medien unterschiedliche Angaben zum Zeitpunkt der Antragstellung auf Sicherungsmaßnahmen zu lesen waren, wollte die Initiative Denkmalschutz es genau wissen und fragte nach. „Doch während das Denkmalamt problemlos das Datum der Antragstellung nannte, weigerte sich die BH Innsbruck, uns das konkrete Datum des Einlangens bei ihr zu nennen“, so die Vereinsverantwortlichen. „Unser Verein hat nun auf unser Auskunftsbegehren vom 2. Jänner den ablehnenden Bescheid vom 12. März beim Landesverwaltungsgericht Tirol beeinsprucht. Schon vor zehn Jahren hat die Initiative Denkmalschutz in einer ähnlichen Angelegenheit in Wien vor dem Verwaltungsgerichtshof Recht bekommen.“
Laut Medienberichten könnte eine Schutzabdeckung beim Gasthaus „Weißes Rössl“ kurz bevorstehen; doch da der Eigentümer am 6. November vergangenen Jahres einen Antrag auf Aufhebung des Denkmalschutzes gestellt hat, sei weiterhin „mit dem Schlimmsten“ zu rechnen.
Eine Aufhebung des Denkmalschutzes wäre ein Fanal für die österreichische Denkmalpflege und könnte eine negative „Vorbildwirkung“ für weitere gefährdete Kulturdenkmäler haben, befürchtet die Initiative. So brannte es vor wenigen Wochen zum wiederholten Male in den denkmalgeschützten Hammerbrotwerken in Schwechat bei Wien. Umso wichtiger sei es daher, das „Weiße Rössl“ mit allem Engagement seitens Behörden und Politik vor dem endgültigen Verfall zu retten.