Kultur
Forschungsprojekt Vallo Alpino: Die Ergebnisse
16.12.2023
Der sogenannte Vallo Alpino ist ein militärisches Verteidigungssystem aus der Zeit des Faschismus mit Tausenden von Bunkern entlang der italienischen Alpengrenze vom Ligurischen Meer bis zur Adria. Die Geschichte der vielen Bauwerke in Südtirol, wie und von wem sie errichtet wurden und wozu sie letztlich dienten, präsentiert das Landesmuseum Festung Franzensfeste im nun abgeschlossenen, ersten Forschungsprojekt zu diesem Thema in Italien.
„Linea non mi fido“ wurde er im Volksmund spöttisch genannt. Der Verteidigungsapparat Vallo Alpino, errichtet von Mussolini aus Misstrauen gegenüber seinem Verbündeten Hitler in den 1930er und 1940er Jahren, sah allein in Südtirol den Bau von fast 800 Bunkern vor. Davon wurden etwas mehr als 300 im Rohbau fertiggestellt, weitere 150 blieben als Baustellen zurück. Wer waren die Menschen, die sie bauten, wie wurden sie bezahlt, wo wurden sie verpflegt und welche Auswirkungen hatte ihre Anwesenheit auf die lokale Bevölkerung? Welche strategische Rolle spielten sie? Wie waren sie ausgestattet, wie wurden sie in Stand gehalten? Und was wäre im Ernstfall passiert? Hatte Generalstabschef Ambrosio Recht, als er am 9. September 1942, kurz vor der Einstellung der Arbeiten, schrieb, dass „unter den derzeitigen Bedingungen die Grenzsicherung in keiner Weise gewährleistet ist“? Konnte der monumentale Vallo Alpino in seiner ursprünglichen Form tatsächlich keinen einzigen Tag seinen Dienst tun?
Diese Geschichte erzählt das kürzlich abgeschlossene Forschungsprojekt „Die italienischen Alpenbefestigungen aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs – der so genannte Vallo Alpino Littorio“ unter der Leitung von Festungsmitarbeiterin Esther Erlacher. Architekt Heimo Prünster erfasste und analysierte dabei im Laufe der vergangenen vier Jahre den gesamten Bunkerbestand in Südtirol, identifizierte die geplanten und tatsächlich gebauten Bunker und entwickelte eine Visualisierung der Daten in einer frei zugänglichen Online-Karte. Darüber hinaus untersuchte er die Finanzierung und Arbeitsweise des Verteidigungssystems in Südtirol sowie die Rezeption der Bauten durch verschiedene Generationen der Bevölkerung. Im Rahmen des Projekts wurden in der Festung auch die Dauerausstellung „Eingebunkert“ verwirklicht und eine internationale Tagung über das faschistische Erbe in den Alpen, seinen Wert und seine zukünftige Nutzung organisiert.
Die Ergebnisse des vom Forschungsfond der Südtiroler Landesmuseen und der Festung Franzensfeste finanzierten Projekts (Archivrecherchen, Zeitzeugeninterviews etc.) werden vorerst auf www.valloalpino.info präsentiert. Hier können Interessierte ab sofort durch die dreidimensionale Bunkerlandschaft navigieren, auf die rot markierten Bunkersymbole zoomen oder klicken, um Details zu sehen, die Zeitleiste am unteren Bildrand bedienen, um die Baugeschichte zu verfolgen oder Satellitenbilder einblenden, um sich besser im Gelände zu orientieren. Eine Quicktour ermöglicht zudem einen Rundgang durch die Bunkeranlagen von Nord nach Süd durch alle Bunkerlinien. Die Begleitpublikation zur internationalen Konferenz über den Südtiroler Teil des Vallo Alpino, die im Herbst 2021 in der Festung stattfand, kann hier ebenfalls eingesehen werden. Eine eigene öffentliche Präsentation des Projekts mit der Landeskonservatorin Karin Dalla Torre findet zudem anlässlich der Wiedereröffnung der Festung im Frühjahr Ende Februar statt.