Am Mittwoch (27. September) wurde in der Ratssitzung der Gemeinde Sterzing die beantragte Umwidmung in Gewerbegebiet in Sondernutzungsgebiet für die Erzeugung von Energie von der Tagesordnung gestrichen und damit die Entscheidung vertagt.
Vorausgegangen war der Entscheidung eine lange Diskussion. Bekanntlich möchte die Thermo Wipptal AG im Gewerbegebiet zwischen Milchhof und Gewerbepark an der Jaufenstraße ein weiteres Fernheizwerk errichten. Damit soll im Falle einer Störung in der bestehenden Anlage die Versorgung der Kunden mit Wärme gesichert und das Versorgunggebiet vergrößert werden. Zudem würde der Milchhof mit Wasserdampf beliefert, den dieser zur Desinfektion der Joghurtbecher benötigt. „Damit würde der Milchhof jährlich eine Million Liter Schweröl einsparen, die er derzeit für die Desinfektion benötigt, und italienweit zum ersten Milchhof werden, der frei von fossilen Energieträgern ist“, so Bürgermeister Peter Volgger.
Für den Bau des neuen Werkes ist die Umwidmung der bestehenden Gewerbefläche mit einer Größe von rund 6.500 m2 in eine Zone für Energieerzeugung notwendig. SVP-Rat Werner Graus bezeichnete jedoch in seiner Stellungnahme den ins Auge gefassten Standort als „völlig ungeeignet“, da sich dieser in unmittelbarer Nähe zu einer Wohnsiedlung befinde und an eine Tourismuszone befinde. „Die Bewohner der Wohnsiedlung an der Straße nach Thuins und Telfes sind bereits jetzt sehr hohen Belastungen ausgesetzt, denn der Lärmpegel ist durch den enorm starken Verkehr auf der Staatstraße SS44 bereits jetzt sehr hoch“, so Graus. Die damit verbundenen Schadstoffemissionen stellten dabei eine zusätzliche Beeinträchtigung der Lebensqualität in diesem Wohngebiet entlang einer Hauptverkehrsachse dar. Wie aus dem Umweltbericht vom 25. Mai dieses Jahres zu entnehmen sei, bringe die Errichtung eines Fernheizwerkes eine erhebliche Erhöhung der Schadstoffemissionen mit sich, welche die Atmosphäre lokal zusätzlich belasten würden. Wie Graus betonte, würde die Feinstaubbelastung infolge der Verbrennung sowohl in Hinblick auf PM10 als auch auf PM2.5 steigen; ähnlich den generellen Schadstoffemissionen würde sich dies vor allem im Rahmen von Inversionswetterlagen durch die Bildung einer Smogschicht besonders stark bemerkbar machen. „Die Auswirkungen im Zusammenhang mit Staubbelastung und -dispersion sind mäßig bis stark negativ – auch in Bezug auf die Lärmbelastung betrifft würde das geplante Fernheizwerk zu einer Erhöhung der lokalen akustischen Belastung beitragen“, so Graus. Zusammenfassend heiße es im Bericht: „Die Untersuchung hinsichtlich verschiedener umweltrelevanter Schutzgüter hat gezeigt, dass im Bereich des Schutzgutes Atmosphäre bzw. Mensch und Gesundheit die größten Veränderungen im Vergleich zum Ausgangszustand zu erwarten sind. Dies betrifft die Zunahme der Lärmbelastung für die nahe Wohnsiedlung an der Straße nach Thuins und Telfes, die Zunahme der Schadstoffemissionen und vor allem Feinstaub.“ Damit kündigte Werner Graus seine Ablehnung bei der Abstimmung an: „Die Umwidmung in Zone für Erzeugung von Energie und die damit geplante Errichtung einer solchen Anlage mag rechtlich in Ordnung sein. Das heißt aber nicht, dass die Umwidmung im Sinne der Anrainer ist. Deshalb stimme ich gegen die Umwidmung. Gleichzeitig ersuchte er den Stadtrat, einen geeigneteren Standort ausfindig zu machen, damit „auch wirklich die ganze Bevölkerung profitiert“. Eine von SVP-Rätin Evi Frick vorgeschlagene Vertagung des Punktes wurde mehrheitlich abgelehnt.
Wie Bürgermeister Volgger replizierte, passieren rund 12.000 Fahrzeuge pro Tag die Jaufenstraße. „Durchgeführte Lärmmessungen habe einen Wert knapp unter dem zulässigen Maximum ergeben“, so Volgger, der die Befürchtungen der Anrainer durchaus nachvollziehen kann. „Allerdings ist es auch möglich, im Zuge der Errichtung des Fernheizwerkes eine Verbesserung der aktuellen Situation herbeizuführen, etwa durch die Errichtung eines Lärmschutzes oder die Schalldämmung der Milchhof-Fassade, damit der Lärm der Anlage nicht bzw. weniger stark reflektiert wird.“ Die Gewerbezone sei bereits 1996 als solche im Bauleitplan eingetragen gewesen, 2013 sei eine Fläche zwischen Gewerbepark und Straße in eine Tourismuszone umgewidmet worden. Laut dem Bürgermeister liegen für das geplante Projekt alle notwendigen Genehmigungen vor; vor der Ausstellung der Baugenehmigung müsse der Nachweis erbracht werden, dass die Lärmschutzwerte nicht überschritten würden.
Der Vorschlag, den Punkt von der Tagesordnung zu streichen, wurde schließlich mehrheitlich angenommen. „Ich bin der Meinung, dass der Punkt zu behandeln ist, da alle notwendigen Vorkehrungen getroffen worden sind“, entgegnete Bürgermeister Peter Volgger, der sich in der Folge als einziger gegen die Streichung aussprach.