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Home → News → Strompreise in Südtirol: „Wie die Politik versagt“ - 28.01.2023 (0 Kommentar/e)
 
 
 
 
Wirtschaft

Strompreise in Südtirol: „Wie die Politik versagt“

28.01.2023

Die Politik versucht fieberhaft die Folgen der Fehlentwicklung an den Energiemärkten im allgemeinen und am Strommarkt im Besonderen zu bekämpfen. Die systemischen Ursachen gehören beseitigt, doch dafür ist bei uns anscheinend niemand zuständig. Ein Systemwechsel ist angesagt, den das Totalversagen des Strommarktes ist offensichtlich.

Von fast tausend Stromverkäufern in Italien sind weniger als die Finger unserer Hände günstiger als der geschützte Markt (mercato di maggior tutela), alle anderen teurer. Das Versagen betrifft nicht nur die Preisentwicklung, auch die Leistungen der privaten Stromverkäufer ist desaströs, von einem funktionierenden Detailstrommarkt kann keine Rede sein. Für Abermillionen Verbraucher in Europa ist der privatisierte Strommarkt zu einer Falle geworden. Es stellt sich die Frage, wer die Stromkunden für Irreführungen, nebulöse Informationen und überteuerte Tarife entschädigt. Nicht zu sprechen für die, beim Suchen eines Anbieters und Tarifs, beim Verstehen einer Stromrechnung, bei der Beschwerde über eine überhöhte Rechnung, verlorene Zeit und den entsprechenden Ärger. Unter diesen Bedingungen ist eine öffentliche Verwaltung des Stroms effizienter.

Obwohl in Südtirol fast der gesamte Strom aus Wasserkraftwerken stammt zahlen die Südtiroler Stromkunden europaweit seit Jahrzehnten, und jetzt erst recht, Strompreise des Spitzenfeldes. In der Tat liegen die Strompreise für Haushaltskunden in Italien, an dem sich auch die Südtiroler Preise orientieren (müssen?) bei Vergleichen zwischen dem 2. und 5. Platz im europäischen Ranking. Also kassieren die Produzenten von billigem Strom (sprich Strom aus Wasserkraft) Riesengewinne auf Kosten derer, die den Strom beziehen. Im geschützten Markt zahlen die Südtiroler seit Jahresanfang 53,11 Cent/kWh. In Deutschland sieht die Strompreisbremse ab März 2023, rückwirkend ab 1.1.2023 bis April 2024 einen Strompreisdeckel von max. 40 Cent/kWh vor. In Innsbruck (IKB) kostet der Strom gerade 24,27 Cent/kWh, in der Schweiz bezahlen die Haushaltskunden durchschnittlich 27 Rappen, das sind 27 Cent/kWh. Löhne und Renten haben in den angesprochenen Ländern nicht dieses Verhältnis, denn dann hätten wir ja kein Problem.

Liberalisierung und Privatisierung haben in die Falle geführt

Die Stromversorgung, das merken wir derzeit besonders, gehört eigentlich wie die Wasserversorgung. der öffentliche Verkehr, die Telekommunikation, die Schule und die Gesundheit usw. zu den Dienstleistungen der Daseinsvorsorge und sind somit Gemeingut. Diese dienen der Existenzsicherung der Menschen und ihrer Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Eigentlich sehen die EU-Verträge Ausnahmen von den Regeln des Wettbewerbs vor, sofern letztere die Versorgungssicherheit zu erschwinglichen Preisen nicht gewährleisten. Somit sollte man europäisches Recht beim Strom auch mal in diese Richtung anwenden. Begründet kann dies mit Artikel 5, Absatz 4 der EU-Richtlinie über den EU-Elektrizitätsbinnenmarkt (Bedingungen für staatliche Strompreise) werden: Bei einem vielfach gestiegenen Strompreis herrscht in Bezug auf den Grundbedarf der Haushalte und Unternehmen allgemeine „Energiearmut“, über 30.000 unbezahlte Stromrechnungen allein bei der Landesenergiegesellschaft zeugen davon.

Das Problem liegt also in der Liberalisierung der Daseinsvorsorge selbst, dort muss man ansetzen. Das bedeutet beim Strom: Es muss möglich werden, dass die Südtiroler Bevölkerung den (Kosten)Vorteil aus jenen Investitionen in die Wasserkraft bekommen kann, die sie geschaffen hat.

Die Zuständigkeit für diesen Weg liegen in Bozen, doch das Politikversagen ist gewaltig und alle tun auf Machtlosigkeit.

Dazu kommt: Warum soll ein Land gewaltige Investitionen tätigen, um zu 100 Prozent erneuerbaren und gleichzeitig billigeren Strom zu erzeugen, wenn es diesen dann an der Strombörse an den Markt verkauft und die eigene Bevölkerung mit überhöhten Preisen belasten muss?

Aus dem System ausbrechen

Der Geschäftsführer des Verbraucherschutzvereins Robin, Walther Andreaus meint: „Unser Stromsystem ist in einem Netz von (EU-)Sachzwängen gefangen, höchste Zeit daraus auszubrechen. Ansetzen müssen wir an der schwächsten und unsinnigsten Stelle, der Strompreisbildung. Das Land – die Zuständigkeit hat es dank der Weitsichtigkeit der Autonomieväter – sollte die Stromverkäufer verpflichten, die Haushalte und Unternehmen, ähnlich wie in der Schweiz, zu ihren Durchschnittskosten zu beliefern.“

Öffentliche Güter und Dienstleistungen wie Strom sollten keine Ware sein. Sie sind Gemeineigentum, auf die alle Menschen einen Anspruch haben und die allen gleichermaßen zugänglich sein müssen. Die Beschränkung des Zugangs zu ihnen drängt Menschen an den Rand der Gesellschaft, schließt sie aus und missachtet damit ihre Grundbedürfnisse und verletzt ihre Grundrechte. Die Privatisierung der Gemeingüter führt zum Abbau von demokratischer Kontrolle und kommunaler Selbstverwaltung. Als Verbraucherschutzverein Robin lehnen wir daher die Privatisierung von öffentlichen Dienstleitungen der Daseinsvorsorge ab.

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