Die jüngsten Entscheidungen rund um das Krankenhaus Sterzing lassen die Wogen hochgehen. Während auf der einen Seite beschwichtigt und der Fortbestand des KH als Grundversorgungskrankenhaus beteuert wird, sahen sich die ärztlichen Führungskräfte veranlasst, in einem Brief ihre Sicht der Dinge darzulegen.
„Ich finde es angebracht, dass die lokale Bevölkerung über die Ereignisse im Krankenhaus Sterzing durch die ärztlichen Führungskräfte, die sich für die Betreuung der Bevölkerung einsetzen, informiert werden“, so Dr. Franz Ploner, der den Brief der Erker-Redaktion zukommen ließ. „Es scheint, dass der ärztliche Leiter Entscheidungen getroffen hat, die nicht im Einvernehmen mit den lokalen Führungskräften konkordiert waren. Auch scheint der verantwortliche Verwaltungsleiter des Krankenhaus Sterzing nicht in die Entscheidung eingebunden zu sein. Die Bürger des Bezirks Wipptal müssen informiert sein, was es bedeutet, wenn das Primariat der Chirurgie in Sterzing nicht mehr besetzt ist.“
Hier der Brief im Wortlaut:
Die Primare, deren Vertreter und die ärztlichen Leiter der Einfachen Strukturen des Krankenhauses Sterzing möchten angesichts der Entwicklungen der letzten Monate ihre Meinung und Position zu sehr wichtigen Themen des Krankenhauses, aber auch zur allgemeinen Gesundheitsversorgung der Bevölkerung im Wipptal und im gesamten Gesundheitsbezirk zum Ausdruck bringen. Als ärztliche Führungspersonen sehen wir uns hierzu in der Verantwortung.
Presse und öffentliche Berichte über das Krankenhaus
In der Presse sind zuletzt zahlreiche Berichte über das Krankenhaus erschienen, die aus unserer Sicht die Realität nicht korrekt wiedergeben und eine Gefahr für das Haus darstellen. Dabei sind die Negativ-Schlagzeilen genauso problematisch wie die beschönigenden Artikel. Es braucht eine professionelle Berichterstattung mit einer klaren Darstellung über die tägliche, in vielen Bereichen gute und funktionierende Arbeit; Probleme sollen dabei genauso angesprochen werden wie die Maßnahmen, die konkret dagegen ergriffen werden. Ansonsten sehen wir die Glaubwürdigkeit des ganzen Hauses und deren Vertreter in Gefahr.
Kommunikation mit und Mitsprache für die Primare
Wir kritisieren, dass wir in die strategischen Entscheidungen nicht involviert werden, kein Mitspracherecht haben und nicht transparent informiert werden. Und das, obgleich wir aufgrund unserer Position die internen Abläufe und Notwendigkeiten des Hauses gut kennen und eine Verantwortung für die medizinische Versorgung sowie für die Entwicklung unserer Abteilungen haben.
Primariat Chirurgie
Die Allgemein-Chirurgie in der jetzigen Form ist für das Krankenhaus Sterzing von essenzieller Bedeutung. Die adäquate chirurgische Versorgung in der Ersten Hilfe über 24 Stunden an sieben Tagen, die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit der Inneren Medizin, die einen besonderen Schwerpunkt In der Gastroenterologie hat, aber auch die interdisziplinäre Zusammenarbeit und die Ergänzung der anderen Fächer wie Pädiatrie, Gynäkologie, Orthopädie und Neuro-Reha ist für das Krankenhaus unverzichtbar, wenn es ein Krankenhaus der Grundversorgung mit Spezialgebieten bleiben soll.
All diese Aufgaben sind unserer Meinung nicht mit einer einfachen Struktur ohne Primariat vor Ort zu bewerkstelligen. Gerade in so schwierigen Zeiten wie jetzt mit Corona-Pandemie und Personalmangel ist der Primar einer der wichtigsten Player, um die chirurgische Versorgung und einen Dienst aufrechtzuerhalten.
Personalmangel und Personalfindung
Die Personalfindung ist trotz aller Bemühungen wenig effizient. Unserer Meinung nach fehlt u. a. der Kontakt und der Austausch der personalanwerbenden Stellen und der Abteilung mit den jeweiligen Primaren und Koordinatoren, um eine rasche, standortorientierte und erfolgversprechendere Personalfindung zu erreichen. Unsere Hilfsangebote und Vorschläge hierzu wurden bislang kaum berücksichtigt bzw. hintangehalten.
Wir sehen Nachbarregionen, die eine deutlich bessere Pflegesituation aufweisen. Auch die bezirksübergreifende Pflegeleitung möchten wir aufrufen, im direkten Kontakt mit den Primaren und Koordinatoren Maßnahmen zu ergreifen, die rasch den besonderen Pflegemangel am Krankenhaus Sterzing lindern und in weiterer Folge beheben.
Besonders hat uns irritiert, dass bereits inoffiziell seitens der Verwaltung kommuniziert wird, dass das Krankenhaus aufgrund des Pflegemangels in dieser Form nicht zu halten wäre!
Zusammenfassende Forderungen
Wir fordern eine transparente Information und ein Mitspracherecht in wichtigen und strategischen Entscheidungen das Krankenhaus und den Bezirk betreffend.
Wir fordern mit großer Vehemenz den Erhalt des Chirurgie-Primariates am KH Sterzing.
Wir unterstützen die Umwandlung eines Primariates (Radiologie? Labor?), damit ein neues Primariat für Orthopädie und Traumatologie geschaffen werden kann.
Wir fordern eine verbesserte und standortorientierte Personalfindung für unser Krankenhaus und wollen auch hier maximal unterstützend mitwirken.
Dr. Peter Bacca (Primar Anästhesie), Dr.in Micol Cont (Primaria Pädiatrie), Dr. Robert Pfitscher (Primar Chirurgie), Dr.in Sonia Prader (Primaria Gynäkologie), Dr. Luca Sebastianelli (Primar Neuro-Reha), Dr. Hartmut Steinle (Primar Innere Medizin),
Dr.in Rita Haller (Primarvertreterin Anästhesie), Dr. Manfred Kuppelwieser (Primarvertreter Medizin), Dr.in Renate Oberstaller (Primarvertreterin Pädiatrie), Dr.in Viviana Versace (Primarvertreterin Neuro-Reha), Dr.in Katrin Zwerger (Primarvertreterin Chirurgie),
Dr. Simon Demetz (Leiter Einfache Struktur Orthopädie), Dr. Paolo Rossi (Leiter Einfache Struktur Erste Hilfe), Dr. Arthur Scherer (Leiter Einfache Struktur Gynäkologie).